Lt. BERLIN, 9. Januar. Deutschland und Frankreich wollen ihre enge Zusammenarbeit in der Außen- und Verteidigungspolitik, in Wirtschafts- und Finanzfragen, in der Grenznachbarschaft und bei Bildung und Kultur weiter vertiefen und vertraglich regeln. Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident Emanuel Macron werden am 22. Januar in Aachen dazu ein ergänzendes Vertragswerk unterzeichnen, das auf dem Elysée-Vertrag beruht, der an jenem Tag 56 Jahre alt sein wird und der 1963 die deutsch-französische Aussöhnung begründete.
Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch in Berlin den Entwurf des Aachener Vertrages, der nach einer gut zwei Seiten langen Präambel, die in verschiedensten Facetten auf die deutsch-französische Freundschaft Bezug nimmt, in 28 Artikeln einen Rahmen für die künftige vertiefte Kooperation zieht. Beide Staaten verabreden eine engere europapolitische Abstimmung und verpflichten sich zu einem vertieften Zusammenwirken in der Außen- und Verteidigungspolitik. Es wird ein gemeinsames Handeln wo immer möglich verabredet und die Absicht festgehalten, stets auf eine Stärkung der außenpolitischen Eigenständigkeit Europas hinzuwirken.
Das gilt ganz ausdrücklich für das im neuen Vertrag verabredete Bemühen, durch deutsch-französische Rüstungs- und militärische Kooperationsvorhaben die militärische Leistungsfähigkeit Europas zu stärken. Es soll künftig einen deutsch-französischen Verteidigungs- und Sicherheitsrat geben, der von Ministern der Regierungen beider Länder gebildet wird und der regelmäßig tagen soll. Die gemeinsame Interventions-Streitmacht, die der französische Präsident vor geraumer Zeit vorgeschlagen hat, findet sich ebenfalls in den neuen Vereinbarungen. Die Absicht zur Gründung einer gemeinsamen Einheit für Stabilisierungsoperationen in Drittstaaten findet sich allerdings nicht in dem Vertrags-Artikel, welcher der militärischen Kooperation gewidmet ist, sondern unter den Bestimmungen, die eine stärkere Kooperation von Polizei, Justiz und Geheimdiensten festlegen. Ein eigener Artikel ist auf außenpolitischem Gebiet auch dem Ziel gewidmet, eine immer engere Partnerschaft Europas mit den afrikanischen Staaten zu erreichen.
Die engere außenpolitische Zusammenarbeit soll schließlich auch im Format der Vereinten Nationen gelten. Da gerade eine zwei Jahre währende nichtständige Mitgliedschaft Deutschlands im UN-Sicherheitsrat begonnen hat, und die Monate, in denen Deutschland und Frankreich den Vorsitz in jenem Gremium führen, direkt aufeinanderfolgen, gibt es schon Pläne, für diese Zeit einer Art Zwillingspräsidentschaft eine gemeinsame Tagesordnung und Themenfolge zu entwickeln. Ausdrücklich verankert wird die Unterstützung Frankreichs für das deutsche Bemühen, einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat zu erlangen.
Im Kapitel der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit regelt der Aachener Vertrag Erleichterungen für die Grenzregionen, denen künftig gestattet wird, von nationalen gesetzlichen Vorschriften abzuweichen, wenn anders gemeinsame Vorhaben in Infrastruktur, Gesundheitswesen, Wirtschaft und anderen Sektoren nicht möglich sind.
Auch im Wirtschaftswesen sieht der neue Vertrag Mechanismen zu einer immer engeren Verflechtung vor. Als Ziel wird die Integration der beiden Volkswirtschaften hin zu einem deutsch-französischen Wirtschaftsraum mit gemeinsamen Regeln erstrebt. Es soll einen deutsch-französi-schen Rat von Wirtschaftsexperten geben, den zehn unabhängigen Fachleute bilden und der wirtschaftspolitische Harmonisierungs-Empfehlungen geben soll. Als weiteres Gremium wird ein deutsch-französisches Zukunftswerk begründet, das Wissenschaftler, Intellektuelle, Repräsentanten diverser Gesellschaftssteuern dazu anhalten soll, bedeutende Wandlungen in den Gesellschaften beider Länder zu analysieren und gegebenenfalls Reaktions-Ratschläge zu geben.