Prof. Dr. Matthias Lehmann, Bonn
GPR 6/2017. 14. Jahrgang S. 261–312 Dezember 2017
Zeitschrift für das Privatrecht der Europäischen Union.
Rund 60 Jahre nach der Unterzeichnung der Römischen Verträge befindet sich die Europäische Union in ihrer bisher schwersten Krise. Der erste Austrittsantrag eines Mitgliedstaats stellt die Union vor eine harte Bewährungsprobe. Außerdem unterliegt die Bestandskraft des Euro nicht enden wollenden Zweifeln. In der Wahrnehmung vieler Experten ist dieser mit einem grundlegenden Konstruktionsfehler behaftet, da es an einer Wirtschaftsunion als Ausgleich und Gegengewicht zur Währungsunion fehlt.1 Die wirtschaftlichen Verhältnisse in der Union sind zu verschieden, um auf Dauer eine gemeinsame Währung erhalten zu können.
Wie aber lässt sich ein höherer Grad an wirtschaftlicher Integration erreichen? Bisherige Maßnahmen richten sich vor allem auf zwei Bereiche: den Verbraucherschutz und die Bankregulierung. Das Verbraucherrecht ist in hohem Maße harmonisiert.2 Im Bankrecht verhält es sich ähnlich; hier verfügt man sogar über spezialisierte EU-Institutionen, die für die Durchsetzung unionsrechtlicher Standards sorgen.3 Zwischen diesen beiden Polen, den Verbrauchern und den Banken, gerät die Realwirtschaft als eigentliche Quelle der Wertschöpfung aus dem Blickfeld. Zu wenig wird beachtet, dass das höchste Maß an Verbraucherschutz aus einer kompetitiven Wirtschaft folgt und dass stabile Banken vor allem Folge gesunder Wirtschaftsstrukturen sind. Die Realwirtschaft spielt in der EU-Gesetzgebung ebenso eine untergeordnete Rolle wie ihr Grundbaustein, das Unternehmen. Zwar gibt es einige stark harmonisierte Bereiche des Wirtschaftsrechts, z.B. die Rechnungslegung oder das Registerrecht. Es existiert jedoch kein einheitlicher rechtlicher Rahmen für die Tätigkeit von Unternehmen im Binnenmarkt.
Dieses Manko könnte ein Europäisches Wirtschaftsgesetzbuch beheben. Derzeit bemüht sich eine Forschergruppe um die Abfassung eines solchen Texts. Die Europäische Kommission hat das Gesetzbuch als eine Option in ihr Weißbuch zur Zukunft Europas aufgenommen.4 Der französische Präsident Emmanuel Macron hat sich in seiner europapolitischen Grundsatzrede am 26.9.2017 an der Sorbonne für eine Vereinheitlichung des Wirtschaftsrechts zunächst in den deutsch-französischen Beziehungen mit folgenden Worten ausgesprochen: „Pourquoi ne pas se donner d’ici à 2024 l’objectif d’intégrer totalement nos marchés en appliquant les mêmes règles à nos entreprises, du droit des affaires au droit des faillites?“5 Die Reaktion von Bundeskanzlerin Angela Merkel war vorsichtig-positiv. Sie kündigte an, die Harmonisierung des Insolvenzrechts und der Unternehmenssteuer werde in die Beratungen zur Bildung einer neuen Bundesregierung einfließen.6
Im Folgenden ist zunächst das Für und Wider eines solchen Gesetzbuchs zu erörtern (A), bevor auf die Arbeiten der Forschergruppe an diesem (B) sowie auf methodische Herausforderungen (C) eingegangen wird.
A. FÜR UND WIDER EINES EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTSGESETZBUCHS
I. Einheitliches Wirtschaftsrecht als Voraussetzung der Integration von Wirtschaftsräumen
Für die Notwendigkeit der Einführung einheitlichen Wirtschaftsrechts spricht zum einen die Geschichte. Die historische Erfahrung zeigt einen engen Zusammenhang zwischen der Vereinheitlichung von Marktregeln und der Bildung integrierter Wirtschaftsräume.7 In den USA wurden beispielsweise große Teile des Wirtschaftsrechts durch den Uniform Commercial Code vereinheitlicht, der in 49 der 50 Bundesstaaten befolgt wird.8 In 17 west- und zentralafrikanischen Staaten hat die Vereinigung zur Harmonisierung des Wirtschaftsrechts in Afrika OHADA einheitliches Handelsrecht für einen Wirtschaftsraum mit mehr als 225 Millionen Menschen geschaffen.9 Die OHADAC ahmt dieses Vorbild im Bereich der Karibik nach.10 Selbst in Kanada, das in mehrere Jurisdiktionen mit unterschiedlichen Rechtstraditionen (Common law und Civil law) aufgespalten ist, wird das Recht der Kreditsicherheiten weitgehend ähnlich geregelt.11
In Europa liegt eine Vereinheitlichung des Wirtschaftsrechts dagegen noch in weiter Ferne. Zwar existieren zahlreiche Richtlinien, doch widmen sich diese nur punktuellen Problemen und werden zudem durch die Mitgliedstaaten unterschiedlich umgesetzt. Projekte zur Schaffung von Einheitsrecht gibt es kaum. Wer sie vorschlägt, wird unweigerlich an gescheiterte Präzedenzfälle aus dem Zivilrecht erinnert. Dem Gemeinsamen Referenzrahmen (DCFR)12 wurde ein offizieller Status durch die EU-Kommission verweigert. Das Gemeinsame Europäische Kaufrecht (GEK)13 wurde von einer Reihe von Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, mit dem Subsidiaritätsargument abgewehrt.
Das muss jedoch nicht unbedingt gegen ein einheitliches Wirtschaftsrecht sprechen. Denn DCFR und das GEK, die sich auf das Zivilrecht konzentrieren, zäumen das Pferd von hinten her auf. Historisch ging die Vereinheitlichung des Handelsrechts der des Zivilrechts meist voraus. In Frankreich wurden die ordonnance sur le commerce de terre und ordonnance sur le commerce de mer bereits im 17. Jahrhundert und damit lange vor dem Code civil verabschiedet.14 Auch das deutsche ADHGB wurde vor dem BGB eingeführt. Einheitliches Wirtschaftsrecht muss auch nicht immer zu einheitlichem Zivilrecht führen. Das zeigt das Beispiel Spaniens, in dem seit 1885 einheitliches Handelsrecht gilt, während im Zivilrecht Foralrechte nach wie vor eine starke Rolle spielen.15 Ein Europäisches Wirtschaftsgesetzbuch hätte den Charme, dass es die Rechtspluralität im Bereich des Zivilrechts auf mitgliedstaatlicher Ebene bewahren und gleichzeitig dem wirtschaftlichen Bedürfnis nach Rechtsvereinheitlichung im Binnenmarkt angemessen Rechnung tragen könnte.
II. Ökonomische Analyse: Rechtsuniformität versus Rechtspluralismus
Neben der historischen Erfahrung liefert die ökonomische Analyse ein starkes Argument für ein Europäisches Wirtschaftsgesetzbuch. Einheitliche Märkte bedürfen für ihr reibungsloses Funktionieren einheitlicher Rahmenbedingungen. Unterschiedliche Regeln in den Mitgliedstaaten führen zu höheren Informations und Transaktionskosten.16 Zwar werden durch Rechtsvereinheitlichung nicht alle Unterschiede eingeebnet, etwa nicht die verschiedene Sprache, Kultur oder andere landestypische Besonderheiten, die in Europa weit ausgeprägter sind als in anderen Wirtschaftsräumen wie etwa den USA. Aber im Gegensatz zu diesen Eigenheiten sind rechtliche Unterschiede vermeidbar. Sie lassen sich daher durch Rechtsvereinheitlichung überwinden.
Gegen eine weitergehende Rechtsvereinheitlichung könnte man allerdings die Theorie des regulatorischen Wettbewerbs ins Feld führen.17 Ihren Anhängern zufolge ist der Wettbewerb zwischen den nationalen Gesetzgebern um die geeignetste Regel vorteilhaft, da sich am Ende der effizienteste Mix aus der Wahrung individueller Freiheit und dem Schutz von Allgemeininteressen durchsetzt. Der regulatorische Wettbewerb zeitigt in der Tat wohlfahrtsfördernde Wirkung, z.B. im Gesellschaftsrecht.18 Im allgemeinen Wirtschaftsrecht sind von ihm dagegen kaum Wohlfahrtsgewinne zu erwarten.19 So kann man sich etwa von der unterschiedlichen Ausgestaltung des Handelsregisters, des Versicherungsvertragsrechts oder der Regeln über Kreditsicherheiten nur wenig Nutzen erhoffen. In diesen und anderen Bereichen wären einheitliche Bedingungen für die Transparenz und den Wettbewerb im Markt ungleich vorteilhafter. Das Wirtschaftsrecht sollte der Tätigkeit aller Akteure im Binnenmarkt denselben Rahmen setzen. Seine Zersplitterung beeinträchtigt die Anbietergleichheit und den gleichen Zugang zu Finanzierung. Diese Nachteile sind für den Wirtschaftsverkehr unweit größer als eventuelle Vorteile durch legislatorische Innovation. Im auf grenzüberschreitende Transaktionen angelegten Binnenmarkt ist Rechtsuniformität des regulatorischen Rahmens effizienter als Rechtspluralität.
III. Fragmentierung, Unübersichtlichkeit und Lückenhaftigkeit des EU-Rechts
Möglicherweise bedarf es aber einheitlichen Wirtschaftsrechts in der EU gar nicht, da es längst existiert. Wie erwähnt ist die Rechnungslegung weitgehend vereinheitlicht.20 Die handelsrechtliche Publizität ist ebenfalls weitgehend EU-rechtlich überformt.21 Außerdem existieren zahlreiche europäische Vorgaben zu Einzelbereichen, wie etwa zum Zahlungsverzug22oder zum Recht der Handelsvertreter.23
Das Problem ist jedoch, dass diese Texte äußerst fragmentiert sind. Dadurch kommt es zu Unübersichtlichkeit und Lücken. Ein Beispiel dafür ist die Handelsvertreterrichtlinie.24 Artikel 7 gewährt dem Handelsvertreter im Falle der Beendigung des Vertrags eine Entschädigung und einen Anspruch auf Schadensersatz. Diese Regelung ist hauptsächlich sozial motiviert: Sie soll den Handelsvertreter in seiner Beziehung zum ihn beauftragenden Unternehmer schützen.25 Das Regelungsprogramm der Richtlinie ist allerdings unvollständig. Mit dem Handelsvertreter wurde ein einziger Absatzmittler herausgegriffen, andere aber nicht geregelt, z.B. Kommissionsagenten, Vertriebshändler und Franchisenehmer, obwohl sie sich zum Teil in einer vergleichbaren Lage befinden.26 Und mit unselbständigen Absatzmittlern hat sich der EU-Gesetzgeber überhaupt nicht beschäftigt, obwohl gerade deren Tätigkeit besondere Probleme für den Binnenmarkt aufwirft. Bis heute gibt es keine einheitliche Regelung etwa über die Prokura oder die Vertretungsmacht von Handlungsgehilfen, ja es existiert noch nicht einmal eine kollisionsrechtliche Regelung, die das auf diese anzuwendende Recht einheitlich festlegt.27 Dadurch kommt es zu Störungen im Handelsverkehr.
IV. Beibehaltung des status quo?
Allerdings funktioniert der Binnenmarkt schon heute tatsächlich weitgehend. Es wurden Mechanismen gefunden, die den grenzüberschreitenden Handelsverkehr trotz Fehlens einheitlicher materieller Standards bereits jetzt ermöglichen. Dazu gehört zum einen die freie Rechtswahl, die gerade im Unternehmensbereich sehr ausgeprägt ist.28 Zum anderen existieren zahlreiche nichtstaatliche Vertragsbedingungen, Definitionen und Verhaltenskodizes, die das Wirtschaftsrecht über die mitgliedstaatlichen Grenzen hinweg vereinheitlichen.29 Diese aus der Zivilgesellschaft kommenden Texte bieten pan-europäische Lösungen, die unionsrechtliche Gesetzgebung substituieren.
Diese Lösungen stoßen allerdings an Grenzen, da wichtige Parameter des Geschäftsverkehrs nicht der individuellen Rechtswahl- oder Ausgestaltungsfreiheit unterliegen.30 Die meisten Interventionen der EU auf dem Gebiet des Wirtschaftsrechts gehören in die Kategorie der Regulierung; sie sind zwingend ausgestaltet und können von den Parteien nicht abgewählt werden. Ein Beispiel dafür ist die Entschädigung des Handelsvertreters, die nach dem berühmten Ingmar-Urteil des EuGH sogar in Beziehungen zu Unternehmen in Drittstaaten zwingend gewährt werden muss.31 Bei anderen Fragen ist eine Rechtswahl schon strukturell ausgeschlossen. Man denke etwa an die Richtlinie über Zweigniederlassungen oder die Regelungen über die positive Publizität des Handelsregisters. Diese können durch privatautonome Rechtsgestaltung nicht ersetzt werden, sondern bedürfen wegen ihrer Wirkungen auf die Allgemeinheit notwendigerweise hoheitlicher Regelung.
Auch sind die freie Rechtswahl und private Regulierung nur Notbehelfe. Sie können die Fragmentierung, Unübersichtlichkeit und Lückenhaftigkeit des EU-Rechts nicht beheben, mit der sich Rechtsunterworfene weiter auseinandersetzen müssen. Selbst die Wahl des anzuwendenden Rechts belastet Unternehmen mit Unsicherheiten und Rechtsermittlungskosten. Am häufigsten wählen sie für ihre Transaktionen im Binnenmarkt das Schweizer Recht, gefolgt vom englischen Recht.32 Es erscheint paradox, dass in der EU das Recht von (derzeitigen und künftigen) Drittstaaten vorherrschen sollte und die Union kein eigenes, neutrales Regelwerk anbietet. Die praktische Folge ist, dass Juristen dieser Staaten einen natürlichen Vorsprung bei der Erledigung von Streitigkeiten mit Binnenmarktbezug haben.
Außerdem ist das EU-Recht auch in den Bereichen, in denen es existiert, weit davon entfernt, perfekt zu funktionieren. Ganz im Gegenteil wird seine Qualität häufig und zunehmend in Frage gestellt. Einer der Hauptkritikpunkte, vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen, ist die Komplexität, Detailverliebtheit und Unzugänglichkeit des EU-Rechts. Viele sehen darin das Produkt einer Brüsseler Technokratie, die sich nur um Großunternehmen und eine mobile Elite kümmert. Experten, deren Reputation und Remuneration auf der Kenntnis eines Teilbereichs des EU-Rechts beruht, haben verständlicherweise wenig Interesse an einer Änderung des derzeitigen Zustands. Wer jedoch die Klagen der Bevölkerung und Unternehmen über das EU-Recht ignoriert und ein „Weiter so“ mit allenfalls marginalen Änderungen propagiert, riskiert über kurz oder lang das Scheitern des europäischen Gedankens. Erst recht nicht angängig ist es, die EU permanent für ihre Unzulänglichkeiten zu kritisieren, sich aber gleichzeitig der zur Behebung notwendigen Reform zu widersetzen.
B. DIE AUSARBEITUNG EINES EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTSGESETZBUCHS
I. Zur Genese des Projekts
Die Initiative zur Einführung eines Europäischen Wirtschaftsgesetzbuchs kam aus Frankreich. Impulsgeber war Paul Bayzelon, der als Berater des französischen Wirtschaftsministers Edmond
Alphandéry maßgeblich an der Entstehung der OHADA mitwirkte und heute als Unternehmer tätig ist. Er ist von der Überzeugung getrieben, dass ein einheitliches Wirtschaftsrecht auch in der Eurozone notwendig und möglich sei. Unterstützt wird er aus Unternehmerkreisen sowie von Juristenvereinigungen, u.a. von der französischen und von der Pariser Anwaltskammer (Conseil national des barreaux sowie Barreau de Paris).33
Der Ursprung des Projekts liegt damit in der Zivilgesellschaft. Das ist allerdings kein Nach-, sondern ein Vorteil. Die europäischen Institutionen sind nach dem Brexit von Schockstarre ergriffen. Ihre Aufmerksamkeit gilt derzeit den Austrittsverhandlungen und der Erhaltung des Besitzstands der Union. Die Verwirklichung eines Großprojekts wie eines Wirtschaftsgesetzbuchs ist in naher Zukunft unrealistisch. Nicht zuletzt wegen der ablehnenden Haltung einiger Mitgliedstaaten gegenüber jedem Versuch einer tieferen Integration traut man sich nicht, heiße Eisen anzupacken. Eine Kodifikation des gesamten Wirtschaftsrechts würde zudem eine Änderung der Verfahrensweise der Kommission voraussetzen, die Rechtsakte bisher in kleinen Einheiten unterhalb der Generaldirektionsebene ausarbeitet. Die bisherigen Ansätze der EU zur Verbesserung des Gesetzgebungsprozesses, wie etwa die Initiative „Better Law-Making“ und das „Regulatory Fitness and Performance Programme“ (REFIT),34 verfolgen relativ bescheidene Ziele und lassen keine grundlegenden Umwälzungen erwarten. Zwar ist die Notwendigkeit von grundlegenden Reformen der EU heute nahezu unbestritten, doch der Anstoß dazu ist von den europäischen Organen selbst nicht zu erwarten. Er muss daher notwendigerweise von außen kommen.
Die Arbeiten am neuen Gesetzbuch erfolgen nicht heimlich, sondern unter den Augen der Öffentlichkeit. In verschiedenen europäischen Tages- und Fachzeitungen sind Artikel dazu erschienen.35 Auf Veranstaltungen in Brüssel, Paris und Bonn wurde das Projekt vorgestellt und zur Mitarbeit aufgerufen.36 Auf einer Webseite wird über die verschiedenen Aktivitäten und Publikationen zum Thema informiert.37 Sicher kann man noch viel mehr tun, um das Projekt bekannt zu machen, doch liegt es in der Natur zivilgesellschaftlicher Tätigkeit, dass dazu private Mitarbeit unentbehrlich ist. Die Initiatoren des Projekts sind insoweit für jede Unterstützung dankbar.
Für die Ausarbeitung des Textes des neuen Gesetzbuchs zeichnet die Association Henri Capitant verantwortlich. Sie gehört zu den renommiertesten wissenschaftlichen Vereinigungen auf dem Gebiet der Rechtsvergleichung.38 Unterstützt wird sie von der Fondation pour le droit continental, einer Stiftung, die vom französischen Staat gemeinsam mit den Vertretern juristischer Berufe und derWirtschaft finanziert wird und sich um die Verbreitung kontinentalen Rechtsdenkens bemüht.39 Im Jahr 2016 hat die Association Henri Capitant ein „inventaire“ veröffentlicht, das den derzeitigen Stand des europäischen Besitzstands darlegt.40 Der in französischer, deutscher und englischer Sprache vorliegende Befund ist ein eindrucksvoller Beleg für die Kleinteiligkeit und Unübersichtlichkeit des derzeitigen Rechts. Gleichzeitig zeigt er eine Reihe von Lücken auf, die geschlossen werden müssen, soll das europäische Recht schlagkräftig sein.
Recht schnell hat sich das Projekt zu einer deutsch-französischen Initiative ausgeweitet. Auf deutscher Seite haben sich dem Projekt zunächst Prof. Dr. Reiner Schulze, Prof. Dr. Jessica Schmidt und der Autor dieses Beitrags angeschlossen. Mittlerweile sind weitere Kollegen beteiligt: Prof. Dr. Christoph Busch, Prof. Dr. Urs Peter Gruber, Prof. Dr. Eva-Maria Kieninger, Prof. Dr. Helmut Heiss, Prof. Dr. Gerald Spindler, Prof. Dr. Michael Stürner und Prof. Dr. Fryderyk Zoll. Von diesem Kern ausgehend wird der Kreis schrittweise um Forscher aus weiteren Mitgliedstaaten erweitert. Auch Vertreter der Praxis, z.B. von Unternehmens- und Verbraucherverbänden, werden beteiligt.
Der Text selbst wird in erster Linie von juristischen Experten verfasst. Sie garantieren dessen wissenschaftliche Qualität und Neutralität. Man mag Zweifel hegen, dass sachverständige Gelehrte als Autoren geeignet sind. Insbesondere muss man unter dem derzeitigen Einfluss des Populismus befürchten, dass ein von Experten geschaffenes Gesetz in der Bevölkerung schon aus diesem Grund abgelehnt werden wird. Wer allerdings Experten als Autoren grundsätzlich verwirft, muss die Frage beantworten, wer ein solches Gesetzbuch sonst abfassen sollte. Auf die Kommission sollte man nicht allzu viel Hoffnung setzen. Eine Gruppe rechtlicher Laien muss mangels Kenntnis der Materie als Autor ausscheiden. Ebenso wenig geeignet sind Unternehmensjuristen, von denen man – zu Recht oder zu Unrecht – Befangenheit zugunsten von Wirtschaftsinteressen vermuten würde. Am Ende sind Experten die am wenigsten schlechte von allen zur Verfügung stehenden Alternativen. Ein gewisser Grad an Wissenschaftlichkeit, soweit er mit Pragmatismus gepaart ist, hat zumindest dem deutschen Recht nicht geschadet. Es bleibt zu hoffen, dass auch auf europäischer Ebene die Mitarbeit durch diejenigen, die von einer Sache etwas verstehen – d.h. von „Sachverständigen“ – nicht länger als Manko, sondern wieder als Vorteil angesehen wird.
II. Zielstellung
Das angestrebte Gesetzbuch soll das geltende Wirtschaftsrecht der EU in einem Werk zusammenfassen und ordnen. Ziel ist nicht eine Verfeinerung im Sinne der Ausziselierung des EU-Rechts, sondern im Gegenteil dessen Konsolidierung. Das gesamte Recht soll übersichtlicher werden. Überschneidungen und Doppelungen sind zu vermeiden, Ausnahmen von allgemeinen Regeln auf ein Minimum zu reduzieren. Damit soll der Zugang von Bürgern, Unternehmen und Experten zum Recht vereinfacht werden. Eine einheitliche Terminologie soll Widersprüche und Unklarheiten vermeiden.
Die Arbeiten stehen damit in der Tradition der europäischkontinentalen Kodifikation. Sie erfreut sich ob ihrer Vorzüge großer Beliebtheit nicht nur in den Mitgliedstaaten, sondern in der ganzen Welt, von Argentinien bis China. Es ist daher kein geringes Kuriosum, dass ausgerechnet die Europäische Union sich ihrer nicht bedient.41 Mit einer Kodifikation lassen sich verschiedene Zwecke verfolgen.42 Sie kann der Sammlung des bestehenden Rechts und dem Ausschluss nicht dazu gehöriger Quellen dienen, der Ordnung des Rechtsstoffs in Teilbereiche oder Materien, der Konsolidierung im Sinne der Vermeidung von Überschneidungen und Doppelungen und/oder der Systematisierung im Sinne der Strukturierung durch einheitliche Prinzipien.
Ideal ist es, wenn alle Ziele gleichzeitig erreicht werden. Jedoch wäre die Erreichung auch nur einiger von ihnen ein erheblicher Fortschritt gegenüber dem derzeitigen Rechtszustand. Heute bedarf es der Konsultation aktueller Sekundärliteratur oder kostspieliger Fachleute, um nur eine auf den ersten Blick banal scheinende Frage wie die zu klären, welche Rechtsakte die EU im Bereich des Bankrechts angenommen hat. Die Webseite eur-lex setzt einschlägige Kenntnisse voraus, statt diese zu liefern. Die Seiten der Generaldirektionen der EU sind nicht immer auf aktuellem Stand und unterschiedlich ausgestaltet. Der Kodifikationsgrad des europäischen Rechts hinkt insoweit noch hinter dem des Bundesrechts der USA zurück, wo neue Gesetzgebungsakte den Teilbereichen des United States Code sachlich zugeordnet werden müssen.43 Erst recht unterlegen sind sie einem systematisch gefassten Gesetzeswerk wie dem UCC oder den Rechtsakten der OHADA.
Ausgangspunkt der Arbeiten ist der Besitzstand der Union (acquis). Primäres Ziel ist dessen Ordnung, Konsolidierung und Vereinfachung. Einzelne Regelungen, die sich als überflüssig oder überholt erweisen, sollten gestrichen werden. Doch ist der bisherige Stand der Integration nicht insgesamt in Frage zu stellen. Das europäische Wirtschaftsrecht ist inhaltlich ein Erfolg und als solches bewahrenswert. Es ist allerdings zu erwarten, dass bei einer Kodifikation auch Lücken im Programm deutlich zu Tage treten, für deren Schließung Vorschläge zu unterbreiten sind.
Mit der Kodifikation einhergehen soll auch eine Änderung des Rechtsstils. Derzeitig ist für das EU-Recht ein hoher Grad an Technizität kennzeichnend. Es besteht aus zahlreichen Einzelregelungen mit mindestens ebenso vielen Ausnahmen, ohne dass immer eine klare legislatorische Linie erkennbar wäre. Kohärenz und Konsistenz leiden an der Aufspaltung in viele einzelne Rechtsakte und dem Fehlen einer einheitlichen Terminologie. Die Situation wird zusätzlich dadurch kompliziert, dass sich der europäische Gesetzgeber meist nicht mit den Rechtsunterworfenen, sondern mit den Mitgliedstaaten unterhält, an die er Umsetzungsbefehle, Ausführungsanordnungen oder Verfahrensleitlinien richtet.
Das Europäische Wirtschaftsgesetzbuch wird insofern eine grundsätzliche Wende vollziehen. Es soll aus der Sicht der Rechtsunterworfenen geschrieben sein, insbesondere der Unternehmen. Damit wird das Gesetzbuch diejenigen in den Mittelpunkt stellen, die seine Vorschriften beachten müssen. Dies erhöht seine Verständlichkeit, Akzeptanz und Durchsetzung in der Praxis. Gleichzeitig wird der Übergang von einer Wirtschaftsgemeinschaft, die vor allem aus einem Dialog zwischen Staaten bestand, zu einer echten Wirtschaftsunion vollzogen, in der sich die Unionsebene unmittelbar an die ihrem Recht unterworfenen Bürger richtet.44 Verwerfungen und Widersprüche durch unterschiedliche Umsetzung oder Auslegung auf mitgliedstaatlicher Ebene werden auf ein Minimum reduziert und Ressourcen für Rechtsberatung und Anwendung eingespart. Schließlich ist zu hoffen, dass sich durch die Erarbeitung grundlegender Prinzipien ungerechtfertigte Ausnahmen zugunsten einzelner Interessengruppen leichter identifizieren und abbauen lassen.
III. Die Arbeitsweise der Forschergruppe
Um das Europäische Wirtschaftsrecht zu redigieren, wurden zwölf Arbeitsgruppen gebildet. Diese bearbeiten folgende Themen: Marktrecht (Wettbewerbs- und Vertriebsrecht), Recht des elektronischen Geschäftsverkehrs, Gesellschaftsrecht, Kreditsicherheiten, Vollstreckungsrecht, Insolvenzrecht, Bankrecht, Kapitalmarktrecht, Versicherungsrecht, Immaterialgüterrecht, Arbeitsrecht und Steuerrecht. Wie man unschwer erkennen kann, wird damit einem weiten Begriff des Wirtschaftsrechts gefolgt. Der Anwendungsbereich des Gesetzbuchs wird daher breit und die Herausforderung zur Bewältigung des Stoffs entsprechend groß sein.
Je Arbeitsgruppe wurden zwei Koordinatorinnen oder Koordinatoren eingesetzt, von denen in der Regel je eine oder einer aus Deutschland und aus Frankreich stammt. Diese wählen gemeinsam weitere Mitglieder der Arbeitsgruppe aus und nehmen dabei auf die notwendige nationale Diversifizierung Rücksicht. Pro Arbeitsgruppe sind ca. fünf oder sechs aktive Mitglieder geplant; weitere beratende Mitglieder können hinzugezogen werden. Die Arbeiten stehen noch ganz am Beginn. Ein erstes Treffen aller Koordinatoren der Arbeitsgruppen fand am 29.3.2017 in Paris statt. Diese sollen sich jährlich wiederholen. In der Zwischenzeit tauschen sich die Mitglieder der einzelnen Arbeitsgruppen durch Treffen, Telefonate und E-Mail-Kontakte aus. Zu den jährlichen Treffen werden Zwischenberichte und -resultate präsentiert.
Die Arbeitsgruppen genießen weitgehende Freiheit bei der Abfassung ihres Textes, so dass die einzelnen von ihnen verfassten Bücher auch für sich stehen und als gesonderte Gesetzgebungsakte angenommen werden könnten. Voraussichtlich wird ein einleitendes Kapitel mit grundlegenden Begriffen wie dem des Unternehmers oder des Handelsregisters vorangestellt sein. Ein Redaktions- Komitee wacht über die Einhaltung des gleichen Stils und die Verwendung einer einheitlichen Terminologie. Im Vergleich zur Study Group on a European Civil Code und der Research Group on EC Private Law (Acquis Group), die den
Gemeinsamen Referenzrahmen (Draft Common Frame of Reference – DCFR) abgefasst haben, fällt der wesentlich kleinere Kreis an Mitwirkenden auf. Ein weiterer Unterschied ist die fehlende Finanzierung durch europäische Organe, insbesondere die Kommission. Beide Besonderheiten sind miteinander verknüpft. Auf die Beantragung von Mitteln bei der Kommission wurde bislang bewusst verzichtet, um in der Ausgestaltung des Projekts möglichst frei zu sein. Eine Ausweitung des Kreises der Mitwirkenden wurde ebenfalls unterlassen, damit man sich nicht in zahlreichen Detailfragen und Einzelregelungen verliert. Die Diskussion mit den europäischen Organen und die Auseinandersetzung mit einem größeren Kreis an Experten sind für einen späteren Zeitpunkt geplant, an dem ein grundsätzlicher Entwurf vorliegt.
Hinsichtlich der Sprache hat man sich zugunsten des Deutschen und des Französischen entschieden – auch dies ein Unterschied zum DCFR. Eine Übersetzung ins Englische soll erst erfolgen, wenn vollständige Versionen in diesen beiden Sprachen vorliegen. Entscheidend für diese auf den ersten Blick ungewöhnliche Sprachwahl war das Ziel, eine Kodifikation im kontinentalen Stil zu schaffen. Die Verfasser wollten vermeiden, dass mit der Verwendung der englischen Sprache auch Elemente des Common law in das Projekt Einzug halten. Dabei geht es vorrangig um terminologische und stilistische Fragen, weniger um eine Ablehnung materiellrechtlicher Elemente des angelsächsischen Rechts, die teilweise zum acquis gehören. Freilich werden spätestens bei der Übersetzung ins Englische sprachliche Schwierigkeiten auftauchen. Allerdings muss sich bei der gewählten Vorgehensweise die englische Version dem deutschen und französischen Original anpassen, und nicht umgekehrt. Um die Effizienz der Arbeitsgruppen zu gewährleisten, wurde ihren Mitgliedern freigestellt, in welcher Sprache sie untereinander kommunizieren.
C. HERAUSFORDERUNGEN
Prima facie spricht vieles für die Idee eines Europäischen Wirtschaftsgesetzbuchs. Deren praktischer Umsetzung stehen allerdings nicht geringe Herausforderungen entgegen. Diese betreffen sowohl die Methode als auch den Inhalt und die Regelungstiefe sowie die primärrechtliche Grundlage des künftigen Werks.
I. Lässt sich Regulierung kodifizieren?
Die meisten Themen der zwölf Arbeitsgruppen betreffen keine klassischen Fragen des Zivilrechts, sondern sind aus regulatorischer Sicht definiert. Das ist kein Zufall. Die Themen der Arbeitsgruppen sind eng am Besitzstand des EU-Rechts (acquis) orientiert. Die EU versteht sich selbst nicht in erster Linie als Zivilrechtsgesetzgeber, sondern sieht ihre Aufgabe vornehmlich darin, dem Markt einen rechtlichen Rahmen für sein ordnungsgemäßes Funktionieren vorzugeben und bei Marktversagen regulatorisch einzugreifen. So besteht denn das EU-Recht zum größten Teil aus Regulierung im Sinne von punktuellen Eingriffen in das Marktgeschehen.
Welchen Nutzen soll die Niederlegung regulatorischer Vorschriften in einem Gesetzbuch haben? Kann man dieses überhaupt in einer den klassischen Zivil- und Handelsgesetzbüchern vergleichbaren Weise kodifizieren? Um Klarheit in diesen Fragen zu gewinnen, ist auf die unterschiedlichen Ziele von Kodifikationen zurückzukommen. Dazu gehört u.a. die Sammlung und Ordnung des bestehenden Rechtsstoffes.45 Beide Ziele sollte man nicht gering schätzen. Ihre Erreichung kann die Übersichtlichkeit und Zugänglichkeit des Rechts erhöhen. Ein Beispiel dafür sind die verschiedenen „business codes“, die eine Reihe von US-Bundesstaaten erlassen haben und in denen sich unterschiedliche regulatorische Bestimmungen nach bestimmten Wirtschaftssektoren gegliedert finden.46 Ein ähnliches Gesetzbuch wäre aus europäischer Sicht gegenüber dem derzeitigen Zustand bereits ein Fortschritt.
Vorsichtig zu beurteilen ist, ob dem Europäischen Wirtschaftsgesetzbuch zugleich ein System zugrunde gelegt werden kann, also ein geordnetes Ganzes, das von durchgehenden Prinzipien und einheitlichen Wertentscheidungen getragen wird. Bei den bisher von der EU erlassenen Vorschriften handelt es sich um auf spezielle Sachfragen beschränkte Einzelakte, die sich nur schwerlich zu einem systematischen Ganzen zusammenfügen lassen. Dies liegt an den punktuellen regulatorischen Eingriffen der EU in die Wirtschaft, die häufig nicht durch Systemgedanken oder widerspruchsfreie Dogmatik motiviert sind, sondern der Erreichung bestimmter politischer und ökonomischer Ziele dienen.
Das heißt jedoch nicht, dass es keine einheitlichen Grundgedanken gäbe. Viele EU-Regeln dienen beispielsweise dazu, Informationsasymmetrien auszugleichen, negative Externalitäten zu vermeiden oder Wettbewerbsverzerrungen zu beseitigen. Auch darin kann man ein „System“ mit – allerdings ökonomisch motivierten – Prinzipien sehen. Dessen Niederlegung in einer Kodifikation könnte Nutzen stiften. Sie könnte den Gesetzgeber insbesondere dazu veranlassen, sich grundlegender Ziele bewusst zu werden und sie in gleichmäßiger und kohärenter Weise zu verfolgen. Auf diesem Wege könnte sie vermeiden, dass je nach betroffenem Wirtschaftssektor unterschiedliche Politiken verfolgt werden. Dadurch ließe sich der Eindruck widerlegen, die EU würde nur partikulare Interessen schützen und dem übermäßigen Einfluss von Lobbyisten unterliegen. Zudem könnte der Rechtsanwender Lücken in der Regulierung leichter füllen, wo diese auf einheitlichen Grundgedanken aufbaut, denn diese ließen sich in bislang unregulierte Bereiche fortsetzen. Er würde mit anderen Worten stärker in seiner Rolle als denkender Jurist denn als vollziehender Bürokrat gefordert.
II. Soll auch klassisches Handelsrecht aufgenommen werden?
In einem Europäischen Wirtschaftsgesetzbuch wird ein Unternehmer nicht nur Regulierung erwarten, sondern auch Regeln über die Unternehmensorganisation, das Handelsregister und über konkrete Transaktionen, z.B den Handelskauf oder die Einräumung von Kreditsicherheiten. Ob solche klassischen Regeln des Handelsrechts in das Projekt aufgenommen werden sollen,
ist jedoch alles andere als selbstverständlich. Die Frage wurde auf der ersten Sitzung der Arbeitsgruppen-Koordinatoren am 29.3. 2017 in Paris kontrovers diskutiert.
Relativ sicher scheint zunächst, dass Regelungen über die handelsrechtliche Publizität zum Projekt gehören. Ein europäisches Handelsregister könnte ein erheblicher praktischer Gewinn und ein Meilenstein für die Verwirklichung des Binnenmarkts sein. Auch die Aufnahme des Rechts der Kreditsicherheiten als Grundlage der Unternehmensfinanzierung ist nicht kontrovers; sie wurde bereits beschlossen. Besonders delikat ist dagegen die Frage, ob auch klassische Handelsverträge wie etwa der Handelskauf oder die Transportverträge aufzunehmen sind. Insoweit sind die Erfahrungen mit dem gescheiterten Gemeinsamen Kaufrecht – das auch Vorschriften über Unternehmensverträge enthielt – ein mahnendes Beispiel. Die Mitgliedstaaten zeigten gegenüber dem befürchteten Übergriff der EU in die klassische Domäne ihrer Zivilrechtsgesetzbücher allergische Reaktionen.
Vor diesem Hintergrund haben sich die Verfasser für eine vorsichtige Herangehensweise entschieden. Es sollen nur diejenigen Verträge aufgenommen werden, die für den Wirtschaftsverkehr typisch sind, etwa Bank- oder Versicherungsverträge. Andere Fragen wie etwa der Kaufvertrag bleiben dagegen zumindest vorerst ausgespart. Insofern ist der Bedarf für eine Regelung auch gering, da die meisten Mitgliedstaaten das UN-Kaufrecht gezeichnet haben.47 Allenfalls könnte man zur Schließung von Anwendungslücken im Gesetzbuch auf das UN-Kaufrecht verweisen oder dieses replizieren, um damit seine – selbstverständlich dispositive – Geltung für Handelsverträge im gesamten Binnenmarkt anzuordnen. Ebenso könnte man für andere Vertragsarten wie etwa die Transportverträge auf internationale Vorbilder verweisen oder diese integrieren, wenn man den Anwendungsbereich des neuen Rechts umfassend gestalten möchte.
Aus der Rücksicht auf nationale Zivilrechtskodifikationen ergeben sich neue Probleme. Insbesondere stellt sich die Frage, ob ein Wirtschaftsvertragsrecht auf europäischer Ebene überhaupt denkbar ist, solange die Kompetenz für das Zivilrecht nach wie vor auf mitgliedstaatlicher Ebene geregelt wird. Die Koordination beider Rechtsbereiche gestaltet sich nicht einfach. Kann es z.B. ein europäisches Versicherungsvertragsrecht geben, solange Fragen des Abschlusses, der Interpretation und der Erfüllung des Vertrags auf nationaler Ebene und damit verschieden geregelt sind? Völlig neu wäre dies nicht. Es gibt Vorbilder für die Aufteilung des Wirtschafts- und des Zivilrechts auf verschiedene Gesetzgeber, u.a. die USA, die OHADA oder in Deutschland vor der Einführung des BGB. Außerdem enthalten verschiedene Sonderregime wie das CISG weitgehend autonome Regeln, die schon heute ein Eigenleben neben den nationalen Zivilrechten führen. Insoweit wäre eine Koexistenz des Europäischen Wirtschaftsgesetzbuchs mit den nationalen Zivilrechten nicht unvorstellbar, auch wenn es nicht leicht fallen dürfte, die genauen Grenzen zu ziehen.
III. Wie detailliert soll ein Europäisches Wirtschaftsgesetzbuch sein?
Ein weiteres Problem ist die Regelungstiefe des Wirtschaftsgesetzbuchs. Würde man die vielen Vorschriften des EU-Rechts zusammenfügen, ergäbe sich ein Tausende Seiten füllender Text. Die Detailverliebtheit des EU-Rechts hat Gründe. Sie liegt vor allem daran, dass die EU sich in ihren Richtlinien nicht mit der Vorgabe von Prinzipien begnügen kann, sondern den Mitgliedstaaten exakte Vorgaben machen muss, wie ihre Ziele zu erreichen sind. Ein unmittelbar im Binnenmarkt geltendes Europäisches Wirtschaftsgesetzbuch könnte dieses Problem auf elegante Weise lösen. Würde die EU zu einem eigenen Kodifikationsgesetzgeber aufsteigen und wäre sie nicht mehr auf die Umsetzung in den Mitgliedstaaten angewiesen, müssten ihre Regelungen auch nicht mehr so detailliert sein.
Freilich würden bei der Ersetzung technischer Regelungen durch eine Prinzipiengesetzgebung nach Art der traditionellen Handelsgesetzbücher unweigerlich Lücken entstehen. Die Frage ist, wie diese geschlossen werden können. Zahlreiche technische Fragen, wie beispielsweise das Format einer Anmeldung zum Handelsregister, könnten durch Rechtsakte und Empfehlungen auf Level 2 und 3 getroffen werden. Solche technischen Regelungen gehören nicht in ein Gesetzbuch. Sie sind auch auf mitgliedstaatlicher Ebene häufig durch Ministerialverordnungen geregelt.
Doch werden auch danach noch wegen der geringeren Regelungstiefe der Kodifikation viele ungeregelte Fragen verbleiben. Die einheitliche Anwendung des europäischen Rechts kann durch Vorabentscheidungen des EuGH gesichert werden. Mit den zahlreichen Vorlagefragen bezüglich einer EU-Kodifikation wäre dieser allerdings in personeller und sachlicher Hinsicht überfordert. Einen Ausweg könnte ein europäisches Handelsgericht bieten, wie es kürzlich Thomas Pfeiffer vorgeschlagen hat.48 In der Zukunft mag dieses mit einem kompletten Instanzenzug unterfüttert und zu einer parallelen europäischen Wirtschaftsgerichtsbarkeit ausgebaut werden, in Anlehnung an die Zweigleisigkeit von federal und state courts in den USA. Dafür ist es allerdings noch viel zu früh. Bislang wird man als minimale Änderung die Einführung einer neuen Kammer am EuGH verlangen müssen, die zur Auslegung des Wirtschaftsrechts der Union zuständig ist.
IV. Kann die EU ein Europäisches Wirtschaftsgesetzbuch verabschieden?
Zudem stellen sich vor dem Hintergrund des EU-Primärrechts verschiedene institutionelle und Verfahrensfragen.
Die erste Frage ist, in welcher Form ein solches Gesetzbuch erlassen werden kann. Eine Option ist ein Modellgesetz, ähnlich dem UCC, das die Mitgliedstaaten freiwillig übernehmen können.49 Diese Option stößt sich jedoch an der zwingenden Geltung des acquis, der den gesetzgeberischen Spielraum auf nationaler Ebene wesentlich einengt. Stattdessen bietet sich eine EU-Verordnung an. In die rechtliche Hülle der Verordnung kann jeder Inhalt gegossen werden, auch eine Kodifikation.50 Sollten sich einige
Mitgliedstaaten verweigern, käme eine Verstärkte Zusammenarbeit in Betracht; allerdings könnte diese den für die gesamte EU gültigen umfassendenWirtschaftsgesetzbuchs nur widerspiegeln, aber nicht ändern.
Eine weitere Frage ist, ob die EU überhaupt über die Zuständigkeit für den Erlass eines umfassenden Wirtschaftsgesetzbuchs verfügt. In Betracht kommt die Kompetenz zur Rechtsangleichung im Binnenmarkt (Art. 114 AEUV). Die Geltung unterschiedlicher zwingender Regeln auf dem Binnenmarkt erhöht Transaktions- und Informationskosten und beeinträchtigt die Markttransparenz. Sie behindert damit per se die Ausübung der Warenverkehrs-, Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit. Es spricht daher einiges dafür, dass die Angleichung dieser Regeln durch die Kompetenz des Art. 114 AEUV gedeckt ist. Die Vorschrift wird zwar ganz überwiegend punktuell in dem Sinne verstanden, dass die auf ihrer Grundlage erlassenen Maßnahmen der Beseitigung eines konkreten Hindernisses für die Ausübung der Grundfreiheiten oder einer konkreten Wettbewerbsverfälschung dienen müssen.51 Allerdings spricht dies nicht gegen den Erlass eines allgemeinen Gesetzbuchs für den Wirtschaftsverkehr. Insbesondere trifft die Vorschrift keine Aussage darüber, in welcher Form die Rechtsangleichung zu erfolgen hat, ob durch viele Einzelakte oder durch eine Kodifikation.
Soweit die Binnenmarktkompetenz gemäß Art. 114 AEUV das Wirtschaftsgesetzbuch abdeckt, sind Probleme mit dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 5 Abs. 1 EU) ausgeschlossen.
Eine weitere Hürde ist das Subsidiaritätsprinzip (Art. 5 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 EUV). Die Ziele des Wirtschaftsrechts, insbesondere die Schnelligkeit und Verlässlichkeit des Wirtschaftsverkehrs und die kostengünstige und prompte Versorgung mit Waren und Dienstleistungen, lassen sich in einem grenzüberschreitenden Markt wie dem Binnenmarkt am besten auf supranationaler Ebene erreichen. Eine Beschränkung des EU-Wirtschaftsgesetzbuchs auf grenzüberschreitende Transaktionen bei gleichzeitiger Anwendung mitgliedstaatlicher Regeln auf heimische Märkte wäre unvereinbar mit dem Konzept des Binnenmarkts, nach dem Geschäfte mit in- und ausländischen Partnern gleich zu behandeln sind. Für die Unternehmen sind die Umstellungs- und Anpassungskosten bei einer kohärenten Regelung für den gesamten Markt geringer. Damit lassen sich die Ziele des europäischen Wirtschaftsrechts am besten auf supranationaler Ebene erreichen. Subsidiaritätsüberlegungen stehen einem Europäischen Wirtschaftsgesetzbuch nicht nur nicht entgegen. Im Gegenteil entspricht es sogar dem Gedanken der effizienten Verteilung von Kompetenzen im Mehrebenensystem, wenn sich die EU auf ihre ureigenste Aufgabe, die Ordnung des Binnenmarkts, konzentriert, und andere Fragen wie die Regelung des Zivilrechts den Mitgliedstaaten überlässt.
Eine weitere Grenzlinie wird durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip gezogen (Art. 5 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 EUV). Dieses schützt die Bürger vor übermäßiger Regulierung. Daraus folgt, dass das EuropäischeWirtschaftsgesetzbuch nicht jede die Wirtschaft betreffende Frage regeln darf. Eine supranationale Regelung hat insoweit zu unterbleiben, als die Ziele der einheitlichen Marktregeln auch durch eine Selbstregulierung der Wirtschaft oder durch eine freie Rechtswahl erreicht werden können. Soweit eine zwingende Regelung nicht erforderlich ist, muss daher auch das Europäische Wirtschaftsgesetzbuch dispositiv und abwählbar sein. Außerdem können die Mitgliedstaaten in vielen wirtschaftsrechtlichen Bereichen weiter mit der EU konkurrieren. Das gilt etwa für das Gesellschaftsrecht, in dem die „Rechtswahl“ nur mit geringen Kosten verbunden ist, nach außen auf einfache Weise transparent gemacht werden kann und keine Behinderung des Handelsverkehrs zur Folge hat. Insofern wird das Europäische Wirtschaftsgesetzbuch keine flächendeckende Uniformisierung vorsehen, sondern nur bestimmte Bereiche betreffen, und außerdem in vielen Teilen dispositiv sein.
D. AUSBLICK
Die Zukunft des Projekts des Europäischen Wirtschaftsgesetzbuchs ist ungewiss. Zahlreiche Fragen, wie der genaue Inhalt und die rechtliche Form, sind noch ungeklärt. Die Kodifikation einer unübersichtlichen Materie wie des Wirtschaftsrechts der EU stellt außerdem eine enorme Herausforderung dar, so dass man den Abschluss nicht mit Sicherheit vorhersagen kann.
Selbst wenn es der Forschergruppe gelingen sollte, einen Text innerhalb eines überschaubaren Zeitraums vorzulegen, ist seine Annahme durch die Europäische Union alles andere als sicher. Die Kommission müsste einen förmlichen Gesetzgebungsvorschlag einreichen. Die Idee einer Kodifikation des gesamten Wirtschaftsrechts läuft allerdings ihrer kleinteiligen Arbeitsweise entgegen. Diese hat neben primärrechtlichen auch strukturelle Gründe, insbesondere die Aufteilung in verschiedene Generaldirektionen. Jedoch sind in den letzten Jahren Projektteams gegründet worden, die aus verschiedenen Generaldirektionen zusammengesetzt sind und sich mit Querschnittsthemen beschäftigen, wie etwa dem digitalen Binnenmarkt oder der Energieunion.52 Die Arbeit an einem einheitlichen Wirtschaftsrecht könnte ein ähnliches Querschnittsthema sein. Aus Sicht der political economy hat es nur dann eine Chance auf Durchsetzung, wenn es zum Gegenstand der Ambitionen der höchsten Ebene wird. Es müsste also der Kommissionspräsident davon überzeugt sein, dass dieses Projekt dem Ansehen und der Bedeutung der EU zuträglich ist und deshalb auf seine Agenda gehört. Selbst dann bedarf das Gesetzbuch zu seiner Annahme noch der Zustimmung durch Rat und Parlament.
Welche Einwände und Widerstände dabei zu überwinden sind, zeigt der im Folgenden abgedruckte Text von Riesenhuber. Er weist zu Recht auf zahlreiche Bedenken und Probleme hin. Allerdings sollte man auch in Rechnung stellen, dass die EU sich im Falle der Beibehaltung ihres kleinteiligen Regulierungsansatzes in ständige Opposition zu den Mitgliedstaaten und ihren Bürgern setzen wird. Es droht die Gefahr, dass sie in der öffentlichen Wahrnehmung weiter eher als bremsende und die Privatautonomie einschränkende Institution denn als Förderin der Kräfte des freien Markts erscheint. Ein eigenes Gesetzeswerk, durch das sie Legislation auf ihrem Kerngebiet – der Wirtschaft – in in sich stimmiger und wohlfahrtsfördernder Weise ordnet, könnte dies ändern.
Deshalb bedarf es eines großen Wurfs statt einer Optimierung im Detail. Das europäische Wirtschaftsrecht muss einfacher, zugänglicher und weniger komplex werden. Die Zivilgesellschaft ist am ehesten in der Lage, einen solchen Text vorzulegen. Sie ist deshalb aufgerufen, an diesem Projekt mitzuarbeiten. Am Europäischen Wirtschaftsgesetzbuch allein wird die EU zwar nicht genesen. Es gibt andere, wichtige Vorhaben, wie die Bewältigung der Migration, den Schutz vor Terrorismus oder die Abstimmung der Haushaltspolitik. Jedoch ist unter den privatrechtlichen Aufgaben die Reform des Wirtschaftsrechts ein reizvolles und lohnendes Projekt, um die Vitalität des europäischen Gedankens aufrechtzuerhalten.
1 Zur Kritik aus den Wirtschaftswissenschaften siehe z.B. Krugman, in: Torres/Giavazzi, Adjustment and Growth in the European Monetary Union, 1993, S. 241 ff.; Gibson/Tsakalotos, Economic Integration and Financial Liberalization: Prospects for Southern Europe, 2012; Bagus, The Tragedy of the Euro, 2010; Stiglitz, The Euro And Its Threat to the Future of Europe, 2016.
2 Zu den zahlreichen Richtlinien und Verordnungen im Verbraucherrecht siehe z.B. Bülow/Artz, Verbraucherprivatrecht, 5. Aufl. 2016, S.17 ff.; Heiderhoff, Europäisches Privatrecht, 4. Aufl., S. 188 ff.; Heirbaut/Storme, in: Twigg-Flessner (Hrsg.), European Union Private Law, 2010, S. 20 ff.
3 Siehe EBA, ESMA, EIOPA als drei Institutionen des Europäischen Systems der Finanzaufsicht. Die EZB und der Single Resolution Board (SRB) werden sogar unmittelbar gegenüber Rechtsunterworfenen tätig. Dazu Lehmann/Manger-Nestler ZBB 2011, 2, ZBB 2014, 2; Tröger ZBB 2013, 373.
4 KOM(2017) 2025, S. 21. Dort heißt es unter „Mögliche Ausblicke“: „Eine Gruppe von Ländern erarbeitet ein gemeinsames ‚Wirtschaftsgesetzbuch‘, in dem gesellschaftsrechtliche, handelsrechtliche und vergleichbare Vorschriften vereinheitlicht werden, sodass Unternehmen jeder Größenordnung einfach über Grenzen hinweg tätig sein können.“
5 Hervorhebung durch den Autor. Der gesamte Text der Rede ist erhältlich unter (zuletzt besucht am 10.10.2017).
6 Siehe http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/angela-merkel-unterstuetzt-macrons-ziele-fuer-europa-15223202.html (zuletzt besucht am 10.10.2017).
7 Siehe aus der Sicht eines europäischen Handelsrechts Magnus, in: FS Drobnig, 1998, S. 57, 61; Lehmann, ZHR 181 (2017), 9, 15 ff.
8 Dazu White/Summers, Uniform Commercial Code, 5. Aufl. 2000, S. 4.
9 Dazu Tiger, Le droit des affaires en Afrique: OHADA, 2009; zu einem Teilbereich Hagge, Das einheitliche Kaufrecht der OHADA (Organisation pour l’Harmonisation en Afrique du Droit des Affaires), 2004.
10 Dazu Kiminou, Armonización del derecho mercantil en el caribe, 2016.
11 Dazu Deschamps/McCarthy, The Personal Property Security Acts and the Quebec Civil Code, Uniform Law Conference of Canada, Annual Meeting 2000, Civil Section.
12 Siehe von Bar/Clive/Schulte-Nölke, Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law, 2009.
13 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht vom 11.10.2011, KOM(2011) 635 endg.
14 Guyon, Droit des affaires, Bd. 1, 12. Aufl. 2003, S. 13.
15 Hernández Gil, in: Ministerio de Justicia (Hrsg.), Centenario del Código de Comercio, 1986, S. 32, 36.
16 Siehe Ribstein/Kobayashi, (1996) 25 The Journal of Legal Studies 131, 136 ff. Die Autoren nehmen dennoch eine kritische Haltung zur Rechtsvereinheitlichung ein, weil sie meinen, der Wettbewerb verschiedener Rechte (regulatory competition) könne effizientere Lösungen herbeiführen. Dazu sogleich im Text.
17 Siehe Ribstein/Kobayashi, (1996) 25 The Journal of Legal Studies 131, 135; Ogus, (1999) 48 International & Comparative Law Quarterly 405; Easterbrook, (1994) 14 International Review of Law and Economics 125.
18 Siehe Romano, (2001) 2 Theoretical Inq. L. 387, zum US-amerikanischen securities law, das funktional weite Teile des Gesellschaftsrechts im europäischen Sinne abdeckt. Empirische Daten zur Realität des Wettbewerbs im Bereich des Gesellschaftsrechts in Europa bei Braun/Eidenmüller/Engert/Hornuf, ZHR 177 (2013), 131 ff.; Ringe, ECFR 10 (2013), 230 ff.
19 Siehe näher Lehmann, ZHR 181 (2017), 9, 19.
20 Das gilt freilich nicht für alle Bereiche, insbesondere nicht für den öffentlichen Sektor, siehe dazu Nowak/Ranscht-Ostwald/Schmitz, Der Konzern 2015, 16.
21 Siehe Gesellschaftsrechts-RL (RL (EU) 2017/1132 des EP und des Rates v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts, ABlEU v. 30.6. 2017, L 169/46). Dazu Lutter/Bayer/J. Schmidt, Europäisches Unternehmens-und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl. 2017, §§ 18–22, 26.
22 Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.2.2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (Neufassung), ABl. L 48/1, 23.2.2011.
23 Richtlinie des Rates vom 18.12.1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter (86/653/EWG), ABl. L 382/17, 31.12.1986.
24 Siehe vorige Fn.
25 Vgl. Ewgr. 1 RiL 86/653/EWG.
26 So wird etwa die Ausdehnung der umsetzenden deutschen Vorschrift (§ 89a HGB) auf einen weiteren Personenkreis befürwortet, siehe Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 3. Auflage 2014, § 89a HGB, Rn. 9 unter Verweis auf Emde, Vertriebsrecht, Rn. 9; Schacherreiter, Das Franchise-Paradox, 2006, S. 49 ff.; Martinek, ZHR 161 (1997), 67 (76 f.).
27 Die kollisionsrechtliche Anknüpfung der Vertretungsmacht ist aus dem Anwendungsbereich des europäischen IPR ausdrücklich ausgenommen, siehe Art. 1 Abs. 2 lit. g) Rom I-VO.
28 Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO.
29 Siehe z.B. die INCOTERMS oder die Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive (ICC Uniform Customs and Practice for Documentary Credits – UCP 600).
30 Siehe näher Lehmann, ZHR 181 (2017), 9, 20 f.
31 EuGH, Urt. v. 9.11.2000, Rs. C-381/98 – Ingmar.
32 Vogenauer, Civil Justice Systems in Europe: Implications for Choice of Forum and Choice of Contract Law, 2008, erhältlich unter http://www.fondation-droitcontinental.org (zuletzt besucht am 30.8.2017), S. 17.
33 Beide Kammern haben eine Studie zum Stand der Harmonisierung des Rechts in der Eurozone in Auftrag gegeben, siehe http://www.avocatparis.org/mon-metier-davocat/publications-du-conseil/rapport-sur-le-code-des-affaires-europeennes (zuletzt besucht am 30.8.2017).
34 Siehe Kommission, KOM (2010) 543; KOM(2012) 746; KOM(2014) 368.
35 Siehe Saravalle, Un codice degli affari per sentirci europei, La Repubblica, 30.3.2016; Dupichot, Droit & Patrimoine, N°262, Oktober 2016; Dupichot/Schulze, JCP Entreprise et Affaires, No. 40, 6.10.2016, S. 781; Bélanger, La Semaine Juridique – Édition Générale N° 16, 17.4.2017, S. 455; Schulze, EuCML 2016, 233.
36 Siehe z.B. die Ankündigung der Bonner Veranstaltung durch Lehmann, ZEuP 2017, 217.
37 https://www.codeeuropeendesaffaires.eu (zuletzt besucht am 30.8.2017).
38 Webseite: http://www.henricapitant.org (zuletzt besucht am 30.8.2017).
39 Webseite: http://www.fondation-droitcontinental.org/fr (zuletzt besucht am 30.8.2017).
40 Association Henri Capitant, La construction européenne en droit des affaires: Acquis et perspectives, Paris, 2016.
41 Als Grund dafür kann man u.a. das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung und das Subsidiaritätsprinzip ansehen. Diese stehen jedoch einer Kodifikation des Wirtschaftsrechts nicht entgegen, siehe unten C IV.
42 Siehe Mertens, Gesetzgebungskunst im Zeitalter der Kodifikationen, 2004, S. 68 ff.; Schuppert, Gute Gesetzgebung: Bausteine einer kritischen Gesetzgebungslehre, ZG 2003, 4, 53 f. Weitere Nachweise in: Meßerschmidt, Zeitschrift für das juristische Studium 2008, 111, 116 f.
43 Siehe http://uscode.house.gov/browse.xhtml (zuletzt besucht am 30.8.2017).
44 Als rechtliche Form bietet sich dazu eineVerordnung an, dazu noch unten C IV.
45 Siehe bereits oben B II.
46 Siehe etwa den California Business and Professions Code (BPC) oder das New York General Business Law (GBS).
47 Ausnahmen sind namentlich Irland, Portugal und der Noch-Mitgliedstaat Vereinigtes Königreich.
48 Pfeiffer, ZEuP 2016, 795.
49 Dazu bereits Lehmann, ZHR 181 (2017), 9, 32.
50 Siehe z.B. Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.10.2013 zur Festlegung des Zollkodex der Europäischen Union, ABl. 2013 L 269/1.
51 Korte, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2016, Art. 114 AEUV, Rn. 38 ff.
52 Siehe http://ec.europa.eu/growth/about-us_de (zuletzt besucht am 29.12.2016).